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St. Jürgen-Kapelle

Wohl um 1238 ließ Graf Adolf IV. von Schauenburg am Nordrand der Itzehoer Neustadt ein Aussätzigenhospital, ein sogenanntes Leprosorium, errichten, in dem die an Lepra Erkrankten isoliert von der übrigen Stadtbevölkerung wohnten. Geweiht war die an das Hospital angeschlossene Kapelle dem Heiligen Jürgen, dem Schutzheiligen der Kranken. Urkundlich wird das Hospital erstmals 1303 genannt.

Durch Schenkungen war das Hospital im Besitz zahlreicher Einkünfte und Güter in der Umgebung sowie Liegenschaften in der Stadt, deren Gewinn den Bedürftigen im Hospital zugute kam. Im Laufe des 16. Jahrhunderts wandelte sich das Hospital von einer Einrichtung für Kranke zu einer für Arme und Bedürftige. Mit der Umwandlung des ehemaligen Pilgerstifts St. Gertruden in ein Armenhaus wurde es schließlich zu einem Altenheim.

1657 wurde die Kapelle von schwedischen Truppen im Dänisch-Schwedischen Krieg niedergebrannt. 1661 wurde ein neuer Fachwerkbau errichtet, dessen Dachreiter 1715 erneuert wurde. Im Inneren hat sich die Barockausstattung vollständig erhalten. Der Saalbau erhielt ein hölzernes Tonnengewölbe, das eine reiche Malerei mit Szenen aus dem Alten (Nordseite) und Neuen (Südseite) Testament zeigt. An der Ostwand der Kapelle ist das Abendmahl zu erkennen, die Westseite nimmt das Jüngste Gericht ein. Der unbekannte Maler nutzte Stiche italienischer Meister als Vorlagen. Der hölzerne Altaraufsatz von 1672 zeigt zwischen gedrehten Säulen das Kreuz Christi, flankiert von der trauernden Maria und dem Evangelisten Johannes. Zeitgleich wurde der Lettner geschaffen, die hölzerne Schranke, die den Gemeinderaum mit seinem Gestühl vom Chorraum mit dem Altar trennt. Die Kanzel mit Schalldeckel ist reich bemalt und mit geschnitzten Halbreliefs der Evangelisten geschmückt. Die Granittaufe hingegen ist aus dem 13. Jahrhundert und gelangte 1884 aus der abgebrochenen St. Nikolaikapelle hierher.

Text: K.H.

Abendmahlskanne aus der St. Jürgen-Kapelle in Itzehoe

Datiert: 1635 / 1637 / 1762, Höhe: 37 cm

Inv.-Nr.: 2000-483

Im Ensemble der protestantischen Abendmahlsgeräte steht eine Abendmahlskanne stets in Verbindung mit dem Abendmahlskelch: Während der Abendmahlsfeier werden der Leib und das Blut Christi in Form von Brot und Wein an die Gemeindemitglieder ausgegeben. Dabei wird der Wein für den Ausschank in die Abendmahlskelche in einer Abendmahlskanne auf dem Altar bereitgehalten.

Die 1762 geschaffene silberne Abendmahlskanne stammt aus der 1661 wiedererrichteten St.-Jürgen-Kapelle in Itzehoe und gelangte – mit dem dazugehörigen Abendmahlskelch – als Dauerleihgabe der Kirchengemeinde St. Laurentii in das Kreismuseum. Die kostbare Abendmahlskanne ist auf der Innenseite des Fußrandes mit den Angaben „Ao. 1635“, „Ao. 1637 J. B. d. HA“ und „ccccc viii Umgemacht 1762 24 Martiy“ punziert und weist damit auf eine übernommene Stiftertradition aus dem 17. Jahrhundert zurück. Zu dieser Zeit war auch die Itzehoer Gemeinde nach ihrer Reformation im Jahre 1541 bereits seit etlichen Jahrzehnten protestantisch. An der Nutzung von Abendmahlsgerätschaften wurde auch in der evangelisch-lutherischen Kirche festgehalten. Gleichwohl findet sich die Formensprache profaner Alltagsgeräte auch in der barocken Gestalt sakraler Kannen und Kelche wieder; zugleich wird bei Abendmahlskannen die alte Walzenform seit dem 17. Jahrhundert zunehmend von der Birnenform abgelöst. Die in Silber gearbeitete birnenförmige Abendmahlskanne der Itzehoer Gemeinde steht auf einem runden Hohlfuß, von dem die in S-Formen plastisch durchgebildete Rokkoko-Ornamentik über den Kannenkörper und der Ausgussnase hinauf bis zum Kannenrand fließt. Der wulstige Scharnierdeckel gipfelt in einer aufgesetzten Rocaillevase und auch der in silbernen Tüllen steckende Ebenholzgriff ist barock geschwungen.

Als Besonderheit weist die Abendmahlskanne auf die drei Stifter hin: In Kursivschrift steht neben den drei verschlagenen Marken zu lesen: „Rittmeister H. Benedictus Wasmer He. Johannes Brandis Canonicus He. Gosche Wenflenen“. Auch die Witwe des ursprünglichen Stifters, des Rittmeister, Klosterschreibers und Ratsherrn Benedict Wasmer (gestorben 1660), Margaretha Wasmer (1610-1691), verewigte sich noch mit den Spenden eines neuen Altars und einer neuen Kanzel, die das 1657 verlorenen gegangene Inventar ersetzte.

Abendmahlskelch aus der St. Jürgen-Kapelle in Itzehoe

Datiert: 1762, Höhe: 28,5 cm, Durchmesser: 12,5 cm

Inv.-Nr.: 2000-482

Im Ensemble der protestantischen Abendmahlsgeräte steht der Abendmahlskelch stets in Verbindung mit der Abendmahlskanne: Während der Abendmahlsfeier werden der Leib und das Blut Christi in Form von Brot und Wein an die Gemeindemitglieder ausgegeben. Dabei wird der Wein aus der Abendmahlskanne auf dem Altar in die Abendmahlskelche ausgeschenkt.

Der 1762 geschaffene silberne Abendmahlskelch stammt aus der St.-Jürgen-Kapelle in Itzehoe und gelangte als Dauerleihgabe der Kirchengemeinde St. Laurentii in das Kreismuseum. Die ursprüngliche St-Jürgen-Kapelle wurde bereits im Hochmittelalter als Hospitalkirche des St.-Jürgen- bzw. St.-Georg-Hospitals aus dem 13. Jahrhundert errichtet und diente als Aussätzigenasyl für Leprakranke. Nach dem Stadtbrand von 1657 wurde die Kapelle im Jahre 1661 in seiner bis heute bestehenden Form wiedererrichtet. Da beim Stadtbrand auch die Einrichtung wie die gesamte Ausstattung der Kirchen, Kapellen und Klosterbauten vernichtet worden sind, stammt auch das liturgische Gerät aus den nachfolgenden Jahrhunderten.

Der kostbare Rokoko-Kelch ist vom voluminösen Fuß über den Nodus bis über die füllige glockenförmige Kuppa in S-Schwüngen plastisch durchgebildet; der Lippenrand sowie die Innenseite der Kuppa sind vergoldet. Als einzige organische Form finden sich zwischen dem kurzen Sockel und dem Nodus drei freiplastische Akanthusblätter aus Silber. Am hochgewölbten Fuß ist die Inschrift: „Old: reg: zu Pferde Ao. 1762“ eingraviert und drei Meistermarken eingeschlagen, von denen zwei „DR“ jeweils in einem Oval vermutlich auf den Itzehoer Silberschmied Johann David Rieck (1701-1761) verweisen, während die dritte zweizeilige Marke mit „MAMA“ | „BILB“ schwer lesbar und unbekannt ist.

3D Scan

St. Jürgen Kapelle

Umkreis

Verwendete Literatur

Ernst-Adolf Meinert, Die Hospitäler Holsteins im Mittelalter. Ein Beitrag zur mittelalterlichen Stadtgeschichte (Quellen und Forschungen zur Geschichte Schleswig-Holsteins/107), Neumünster 1997.

Georg Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg, Schleswig-Holstein, bearbeitet von Johannes Habich, Christoph Timm und Lutz Wilde, Berlin/München 2009.