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Die Nachkriegszeit im Kreis Steinburg

Die Jahre direkt nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren in Schleswig-Holstein und im Kreis Steinburg durch Kriegsfolgen und zahlreiche Krisen geprägt. Zum ersten Landrat der Nachkriegszeit des Kreises wurde Adolf Rohde, bis 1933 Bürgermeister von Itzehoe, ernannt. In Zusammenarbeit mit der britischen Militärregierung stellte sich Rohde den drängenden Problemen im Kreisgebiet.

Vorrangig war hier die Flüchtlingsproblematik. Innerhalb weniger Monate hatte sich die Einwohnerzahl Schleswig-Holsteins von 1,6 Millionen Menschen auf 2,6 Millionen erhöht. Die Landkreise hatten die Hauptlast der Flüchtlingsaufnahme zu tragen. So musste auch der Kreis Steinburg für die Unterbringung und Versorgung zahlreicher geflüchteter Menschen und Vertriebener aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches sorgen. Die Kreisbevölkerung wuchs von 91.000 Bewohner*innen vor dem Zweiten Weltkrieg auf knapp 161.000 im Jahr 1946 an. Die Flüchtlinge wurden primär in Privatwohnungen untergebracht. Einige mussten aber auch in provisorischen Notunterkünften wie Baracken oder Nissenhütten unterkommen. Nissenhütten – Wellblechhütten in Fertigteilbauweise mit einem halbrundem Dach und einer Grundfläche von ca. 40 m² – wurden in der britischen und amerikanischen Zone für die große Zahl von obdachlos gewordenen Menschen errichtet. In Itzehoe gab es diese bspw. in der Christian-Lohse-Straße.

Armut, Kälte, Krankheiten und Hunger prägten den Alltag vieler Menschen im Kreisgebiet. Die wachsende Bevölkerungszahl führte darüber hinaus zu erheblichen Problemen mit der Wasserversorgung. Seit Anfang des Jahres 1945 war der Wasserverbrauch im Kreisgebiet kontinuierlich gestiegen, sodass der Mehrverbrauch in Steinburg durchschnittlich etwa 100 Prozent betrug.

Angesichts der desaströsen Lage musste die britische Militärregierung den Wiederaufbau der hiesigen Verwaltung mit aller Kraft vorantreiben. Gleichzeitig sollte im Zuge der Entnazifizierung die deutsche Gesellschaft, Justiz und Politik von allen nationalsozialistischen Einflüssen gereinigt und belastete Personen aus ihren Ämtern entfernt werden. Diese beiden Aufgaben zusammenzuführen, stellte sich besonders in Schleswig-Holstein als eine große Herausforderung dar, denn man brauchte erfahrene Personen aus der Verwaltung, um das Land wieder aufzubauen, die Hungerkrisen zu bewältigen und die eigene Bevölkerung sowie die Millionen an geflüchteten Menschen zu versorgen.

Zu einer signifikanten Besserung der Lage kam es erst, als im Juni 1948 in den drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands die Währungsreform in Kraft trat und die Deutsche Mark alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel wurde. Gleichzeitig erhielt Deutschland im Rahmen des Marshall-Plans umfangreiche Hilfsgelder aus den Vereinigten Staaten: Das deutsche Wirtschaftswunder – das unerwartet schnelle und nachhaltige Wirtschaftswachstum in der späteren Bundesrepublik Deutschland – nahm seinen Lauf.

Text: K.B.

Umkreis

Verwendete Literatur:

Steinburger Jahrbuch 56 (2012).

Rudolf Gieseler, Probleme der Nachkriegsjahre: Itzehoe von 1945–1955, in: Itzehoe. Geschichte einer Stadt in Schleswig-Holstein, 2, hg. von der Stadt Itzehoe, Itzehoe 1991, S. 327–356.

Julian Freche, Der Kreis Steinburg, in: Vom preußischen Erlass zum kommunalpolitischen Zukunftsprojekt. 150 Jahre Kreise in Schleswig-Holstein, hg. von Oliver Auge im Auftrag des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages. Kiel 2017, S. 344–364.