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Archäologische Objekte: Gefäßscherben

Inventar-Nr.: 1990-77

Fundbezeichnung: Gefäßscherben Alt-Wewelsfleth

Epoche: Spätmittelalter/Neuzeit

Fundort: Störmündung

Anders als beispielsweise in der Steinzeit gab es im Mittelalter und der Frühen Neuzeit für verschiedene Zwecke verschiedene Formen von Keramik: Geschirr für das alltägliche Essen, Gefäße zur Lagerung oder aufwendig verzierte Krüge als Prestigeobjekt. Es wurde auch Steinzeug entwickelt, das neben Irdenware genutzt und in ganz Europa gehandelt wurde.

Irdenware wurde bei niedrigen Temperaturen gebrannt und war daher porös. Erst eine Glasur machte sie wasserdicht. Die unterschiedlichen Farben entstanden durch das Brennen unter Luftzufuhr (rot) oder Luftmangel (grau bis schwarz) oder durch eine eingefärbte Glasur.

Die hier gezeigten Keramikscherben bilden eine Auswahl, die im Außendeichbereich der nördlichen Störmündung gefunden wurden (Abbildungen). Bruchstücke von Griffstielen aus roter innenglasierter Irdenware, die vermutlich zu sogenannten Stielgrapen – mittelalterlichen Kochtöpfen – gehörten, und Teile von grün glasierter Irdenware zeigen die Variabilität dieser Keramik. Doch auch Steinzeug zeichnete sich durch eine vielfältige Auswahl an unterschiedlichen Verzierungen und Formen aus. Im Kreismuseum Prinzeßhof sind verschiedenste Scherben erhalten. So auch Henkel für Gefäße zum Ausschenken mit verschiedenen Verzierungen wie waagerechten Rillen oder aufgemalten blauen Dekorationen.

Steinzeug zeichnet sich dadurch aus, dass es beim Brand verglast – dieser Vorgang wird auch „sintern“genannt. Die Keramik wird durch hohe Temperaturen dicht gebrannt und die unterschiedlichen Bestandteile im Ton verschmelzen miteinander, wodurch sie deutlich weniger porös als Irdenware wird. Im Laufe des Mittelalters entwickelten sich in Deutschland zwei Produktionszentren für Steinzeug: Siegburg und der Westerwald.

Das Siegburger Steinzeug wurde zwischen dem 13. und 17. Jahrhundert in Siegburg im Rheinland hergestellt und kann als ein Importschlager in ganz Europa bezeichnet werden. In vielen Haushalten galt es als Statussymbol, ein solches Geschirr zu besitzen. Auffällig war die Farbe der Keramik: Ein Ton mit geringem Eisengehalt wurde bei hohen Temperaturen gebrannt und erschien hinterher beinahe weißlich. Im 17. Jahrhundert kam es unter anderem durch die Wanderung von Siegburger Töpfern in den Westerwald zu einem Aufschwung der dortigen Steinzeugproduktion. Auch die Westerwälder Ware wurde bald international gehandelt. Sie zeichnete sich im 17. Jahrhundert durch eine Salzglasur und eine Verzierung mit kobaltblauer Farbe aus, wie sie auch auf einer der Steinburger Scherben zu sehen ist.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verlor das Steinzeug durch die Fertigung von Steingut und Porzellan an Bedeutung. Statt aufwendigen Formen mit detailreichen Verzierungen wurde aus dem Steinzeug nur noch alltägliches Geschirr gefertigt.

Text: J.D., A.K.K. & S. K.

Verwendete Literatur

https://stadtmuseum-siegburg.de/ueber-uns/sammlung/siegburger-keramik/index.html

https://www.keramikmuseum.de/die-sammlung

Andreas Heege, Die Keramik des frühen und hohen Mittelalters aus dem Rheinland. Stand der Forschung – Typologie, Chronologie, Warenarten, (Archäologische Berichte/5), Bonn 1995.