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Wirtschaftsgeschichte des Kreises Steinburg

Die Wirtschaftsgeschichte Schleswig-Holsteins und damit jene des Kreises Steinburg ist geprägt von den geographischen Gegebenheiten des Landes: Zum einen dienten die Flussläufe wie Elbe, Stör, Wilster Au und Kremper Au als offene Verkehrsadern, zum anderen bestimmte die Gliederung des Landes in Geest und Marsch den Austausch von Gütern über die Ochsenwege. Wo sich die Wasser- und die Handelsstraßen kreuzten, entstanden Handelsniederlassungen. Eine der ältesten in den Elbmarschen war Itzehoe. Ihre besonders guten Standortbedingungen sicherten der Stadt eine Entwicklung als Handels-, Gewerbe- und Industriestadt über Jahrhunderte hinweg. Hinzu kam das im Jahr 1260 verliehene Stapelrecht – Itzehoe hatte damit das Recht, dass die Waren der Händler in der Stadt „gestapelt" und zuerst Itzehoer Kaufleuten und Bürgern angeboten wurden. Dieses Privileg hatte bis 1864 Bestand. Das Stapelrecht sicherte Itzehoe gegenüber anderen Marschstädten wie Krempe, Wilster und später auch Kellinghusen einen wichtigen Wirtschaftsvorteil. Aber auch in diesen Städten blühten, bedingt durch die reichen Erträge aus der Landwirtschaft, der Handel und das Handwerk. In dem kleinen Ort Kellinghusen wurden beispielsweise, bedingt durch die günstige Lage direkt an der Stör, im Jahr 1764 die Manufakturen der Kellinghusener Fayencen gegründet. Eine Sonderrolle spielte das 1617 durch den Dänischen König Christian IV. gegründete Glückstadt, welches als Gegengewicht zu Hamburg zwar durch Walfang, Schiffbau und Buchdruckerei (1632 gründete sich die international beachtete Druckerei J. J. Augustin) erfolgreich war, die wirtschaftlichen Zielsetzungen aber nicht erfüllte. Neue Impulse kamen mit dem Bau der ersten Eisenbahnstrecken. Die erste Eisenbahnlinie wurde 1844 eröffnet, sie führte von Altona über Elmshorn, Wrist und Neumünster nach Kiel. Die Jahre zwischen etwa 1840 und 1867 waren durch die vielen technischen Innovationen der Zeit und damit von einem wirtschaftlichen Aufbruch geprägt: Neben der Dampfschifffahrt und einem verzweigten Wegenetz zwischen Rendsburg, Elmshorn, Wilster und Brunsbüttel veränderten vor allem mechanische Neuerungen die traditionellen Strukturen des Handwerks. 1841 gründete der belgische Kaufmann Charles Pierre de Vos in Itzehoe eine Zuckerraffinerie, die sich dank des technischen Fortschritts rasant entwickelte. Weitere große Arbeitgeber in Itzehoe, die sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gründeten, waren beispielsweise die Zichorienfabrik Ottens & Wulff am Oelixdorfer Weg im Jahr 1811 sowie die verschiedenen von Carl Hirschberg eröffneten Fabriken, wie eine Seifenfabrik, eine Lichtgießerei sowie eine Öl- und Futterfabrik. Mit den großen Arbeitgebern blühten auch Handel und Gewerbe auf. Viele kleine Handwerksbetriebe und Kleinunternehmen siedelten sich in unmittelbarer Umgebung an. Einen weiteren Aufschwung erhielt die Industrialisierung in Schleswig-Holstein mit der Annexion der beiden Herzogtümer durch Preußen 1867. Weitere große Industriebetriebe wie die Alsen Zementfabrik 1862 oder die Mechanische Netzfabrik und Weberei A.G. 1873 siedelten sich in Itzehoe und Umgebung an. Trotz der Inflation, der Weltwirtschaftskrise und der schweren wirtschaftlichen Einbußen des Ersten Weltkriegs wuchs die Steinburger Wirtschaft wieder bis zum Zweiten Weltkrieg an. Als Beispiel dafür stehen die Ansiedlung der Pumpenfabrik Sihi von Siemen und Hinsch 1925, die Gründung der Keramikmanufaktur Kupfermühle 1948 in Hohenlockstedt oder die Druckerei Gruner und Sohn im Jahr 1924. Anfang der 1970er Jahre, spätestens aber in den konjunkturellen Einbrüchen nach der Ölkrise 1973/74, zeigten sich strukturell bedingte Nachteile der Region. Die Zahl der Arbeitslosen stieg und in einigen Wirtschaftsbereichen schlossen die Betriebe ihre Türen. Durch Konzentration und Rationalisierung in den verarbeitenden Betrieben und der Landwirtschaft gingen immer mehr Arbeitsplätze verloren. Die Zementfabrik Alsen beispielsweise stellte ihre Produktion im Jahr 1982 in Itzehoe ein.

Text: S.P.

Umkreis

Verwendete Literatur

Rolf Hammel-Kiesow und Ortwin Pelc, Produktion und Handel vom 12. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, in: Geschichte Schleswig-Holsteins. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, hg. von Ulrich Lange, Neumünster 2003, S. 121–135.

Jürgen Brockstedt (Hg.), Frühindustrialisierung in Schleswig-Holstein, anderen norddeutschen Ländern und Dänemark (Studien zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Schleswig-Holsteins/5), Neumünster 1983.

Roland Müller, Ein Rückblick auf die wirtschaftliche Entwicklung im Kreis Steinburg, in: Steinburger Jahrbuch 32 (1988), S. 10–17.

Jürgen Hartwig Ibs, Die Itzehoer Neustadt. Der Markt, in: Steinburger Jahrbuch 42 (1998), S. 218–227.

Günter Fust, Die Itzehoer Neustadt. Handel und Gewerbe, in: Steinburger Jahrbuch 42 (1998), S. 227–232.