Stapelrecht
Die in Willingrade bei Neumünster entspringende Stör erreicht in Sarlhusen das heutige Steinburger Kreisgebiet, fließt sodann durch Kellinghusen sowie Itzehoe und mündet schließlich bei Borsfleth und Wewelsfleth in die Elbe. Aufgrund ihrer Schiffbarkeit bis tief in den mittelholsteinischen Raum hinein hatte die Stör für den Warenverkehr im Spätmittelalter eine große Bedeutung. Besonders der Ort Itzehoe, der 1238 das lübsche Recht erhielt und sich fortan Stadt nennen durfte, profitierte von der günstigen Lage an dem lebensspendenden Fluss: Die beiden Holsteiner Grafen Johann I. und Gerhard I. verliehen der Siedlung im Jahre 1260 das Stapelrechtsprivileg, das alle störaufwärts fahrenden Schiffer zukünftig verpflichtete, ihre geladenen Waren in Itzehoe zum Kauf anzubieten. Eine Weiterfahrt war nur mit entsprechender Bewilligung durch die städtischen Konsuln/Ratsherren gestattet. In der Folgezeit gelang es darüber hinaus, das Recht beziehungsweise die Pflicht auch störabwärts durchzusetzen und somit die wirtschaftliche Machtposition auszubauen. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, weshalb die am Ende des 13. Jahrhunderts zu Städten erhobenen Gemeinden Krempe und Wilster – jeweils an Auen gelegen, die in die Stör fließen – immer wieder und teils mit gefälschten Urkunden versuchten, sich den Bestimmungen der blühenden Schwester Itzehoe zu entziehen und den eigenen ökonomisch-politischen Einfluss zu stärken. Doch Itzehoe kontrollierte weiterhin den Getreide- und Holzhandel und blieb unstrittig das Tor nach Hamburg beziehungsweise nach Holstein. Nach fast sechs Jahrhunderten, die von intensivem Im- und Export, zahlreichen Fehden verschiedener Territorialfürsten und auch der allgegenwärtigen Piraterie geprägt waren, wurde das Itzehoer Stapelrechtsprivileg erst 1846 offiziell aufgehoben.
Text:J.O.
Verwendete Literatur
Jan Ocker, Die Stör im Spätmittelalter (1238–1535). Eine holsteinische (Handels-)Region im Spannungsfeld zwischen dänischem Königtum, holsteinischen Grafen und der Hanse, in: Steinburger Jahrbuch 63 (2019), S. 291–321.
Friedrich Priewe, Lebendiges Itzehoe. Beiträge zu 750 Jahren Stadtrecht, Rendsburg 1988, S. 24–30.
Helmut Willert, Das Kastell Esesfeld: eine Burg im Grenzgebiet des fränkischen Reiches. Die Frühgeschichte und die Gründung der Stadt Itzehoe, in: Itzehoe. Geschichte einer Stadt, Bd. 1: Von der Frühgeschichte bis 1814, hg. von der Stadt Itzehoe, Itzehoe 1988, S. 7–27, hier S. 25–27.