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Bauernkultur und Landwirtschaft im Kreis Steinburg

Im Laufe der Jahre sind viele alte Bauernhäuser, die lange Zeit das Bild der Steinburger Dörfer prägten, verschwunden. Manche brannten ab und wurden nicht wieder aufgebaut, andere standen leer, verfielen und wurden schließlich abgerissen. Wieder andere wurden durch Wirtschaftsgebäude, die den Anforderungen der modernen Landwirtschaft eher entsprechen, ersetzt. Mit den alten Häusern gehen nicht nur schön anzusehende Bauwerke, sondern auch Zeugnisse einer Bauernkultur, die sich über Jahrhunderte entwickelt hat, verloren. 

In den meisten Fällen handelt es sich bei den Steinburger Bauernhäusern um Hallenhäuser. Bei diesem Haustyp waren Wohnen und Arbeiten nicht getrennt, sondern unter einem Dach zusammengefasst. Zentrum und größter Raum des Hauses war die Deel, die Diele. Hier war man bei Arbeiten wie Dreschen oder Spinnen unabhängig von Wind und Wetter. Zugang von außen bot die grote Dör, das meist noch durch eine zweigeteilte Klöndör unterteilte Eingangstor. Am hinteren Ende der Diele befand sich die Flett genannte Küche mit einer offenen Feuerstelle. Schornsteine wurden erst im späten 19. Jahrhundert zum Standard. Rechts und links der Deel standen Kühe, Pferde und Geflügel. Schweine wurden wegen ihrer auffälligen Duftnote in separate Gebäude ausquartiert. Auch die Schlafräume der Mägde und Knechte waren an beiden Seiten der Diele eingerichtet. Im hinteren Teil des Hallenhauses lagen die Wohnräume der Bauernfamilie, die mit Kachelöfen, Holzmöbeln, Alkoven genannten Schrankbetten und geschnitzten oder bemalten hölzernen Wandverkleidungen ausgestattet waren. Die Dachböden unter den reetgedeckten Dächern dienten zur Lagerung von Heu und Stroh. Am Giebel befand sich die sogenannte Ulenflucht. Durch dieses kleine Loch zog der Rauch der offenen Feuerstellen ab. Außerdem ermöglichte die Ulenflucht es nützlichen Tieren wie Schleiereulen und Schwalben, auf dem Dachboden Mäuse, Ratten und Insekten zu jagen – eine natürliche Art der Schädlingsbekämpfung.

Die erhaltenen Bauernhäuser entsprechen oft nur noch äußerlich dem Typus des Hallenhauses. Im Freilichtmuseum Molfsee bei Kiel kann man originalgetreu wiederaufgebaute Häuser von innen besichtigen und sich anschauen, wie Bauernfamilien und Bedienstete in früheren Zeiten lebten. Auch Gebäude aus dem Kreis Steinburg sind darunter. Im Bestand des Kreismuseums Prinzeßhof sind Holzpaneele und Einrichtungsgegenstände vorhanden, die einen Einblick in die reiche Bauernkultur des Kreises geben.

Bis in die Gegenwart prägt die Landwirtschaft die Landschaft und die Wirtschaft des Kreises Steinburg. Von den 1.056 km² des Kreisgebiets werden 686 km² landwirtschaftlich genutzt, vorwiegend als Ackerflächen und Weideland. Von den 1.150 landwirtschaftlichen Betrieben im Kreis haben sich 520 auf Milchviehhaltung spezialisiert. Im Jahr 2020 produzierten rund 40.000 Steinburger Kühe 255.000 Tonnen Milch. 2019 waren von den 57.600 Erwerbstätigen im Kreis 2.500 Personen im primären Wirtschaftssektor (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei) beschäftigt.

Text: V.V.

 

 

 

 

verwendete Literatur

Bauernverband Schleswig-Holstein e.V.: Strukturdaten der Landwirtschaft.(URL: https://www.bauern.sh/verband/kreisbauernverbaende/steinburg/strukturdaten-der-landwirtschaft.html)

Uwe Jansen, Steinburger Bauernhäuser in den Elbmarschen und auf der Geest, in: Steinburger Jahrbuch 1997, S. 275-288.

Kreis Steinburg: Erwerbstätige nach Wirtschaftszweigen. (URL: https://www.steinburg.de/fileadmin/download/wirtschaft/Erwerbstaetige_nach_Wirtschaftszweigen.pdf)

Christine Scheer, Bauernhäuser in der Krempermarsch, in: Steinburger Jahrbuch 2014, S. 231-244.