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Pferdezucht im Kreis Steinburg

Holsteiner Pferde

Die Tradition der Pferdezucht im Kreis Steinburg reicht bis ins Mittelalter zurück. Auf den fruchtbaren Marschweiden an der Elbe wuchsen große, kräftige Pferde heran, die sich sowohl für die Arbeit auf dem Feld als auch als Reit- und Wagenpferde eigneten. Ab dem 16. Jahrhundert verbreiteten sich diese vielseitig einsatzbaren „Landblutpferde“ im gesamten deutschen Sprachraum. Da sie durch die meist braune Fellfarbe einheitlich aussahen, imposante Gänge besaßen und als robust und leistungsbereit galten, waren sie im 18. Jahrhundert besonders als Kutschpferde beliebt. Den Grundstock der Pferdezucht des seit 1735 existierenden Niedersächsischen Landgestüts Celle bildeten zwölf Holsteiner Hengste, deren Nachkommen dann allerdings „Hannoveraner“ genannt wurden – der Begriff gab noch keine Rasse, sondern die regionale Herkunft an.

Im späten 19. Jahrhundert wurde „Holsteiner“ zur Rassenbezeichnung. Eine organisierte Zucht mit festgelegten Rassestandards entstand. 1883 gründete sich der „Pferdezuchtverein Krempermarsch“ als erste Züchtervereinigung Schleswig-Holsteins. Bald darauf erweiterten die Züchter ihren Wirkungskreis, ab 1891 organisierten sie sich im „Verband der Pferdezuchtvereine in den holsteinischen Marschen“. Aus einer weiteren Vereinsfusion ging 1935 der bis heute bestehende „Verband der Züchter des Holsteiner Pferdes“ hervor. Das Zuchtziel war ein mittelschweres Reit- und Zugpferd, das auch in der Landwirtschaft einsetzbar sein sollte. Das Foto des preisgekrönten Zuchttiers „Regina“ aus den 1920er Jahren zeigt, wie solch ein Pferd auszusehen hatte.

In den 1950er und 1960er Jahren fand ein Wandel statt: Die Automatisierung der Landwirtschaft schritt voran, Maschinen übernahmen die Aufgaben der Arbeitstiere. Der Pferdebestand in Schleswig-Holstein ging zurück: 1949 lebten im nördlichsten Bundesland 177.000 Pferde, 1970 waren es nur noch 17.000 – ein historischer Tiefpunkt. Doch die Züchter hatten sich bereits seit den 1960er Jahren bemüht, die neuen Anforderungen, die nun an Pferde gestellt wurden, zu erfüllen, sodass sich die Bestände erholten. Durch die Einkreuzung englischer Vollblutpferde kommt der heutige Holsteiner um einiges leichter und eleganter daher als seine Vorfahren. Ihre Vielseitigkeit stellen die Holsteiner Pferde nicht mehr auf dem Acker, sondern im Sport unter Beweis: Als verlässliche Freizeitpartner tragen sie ihre Reiterinnen und Reiter durchs Gelände. Erste Reitversuche finden oft auf dem Rücken eines geduldigen Holsteiners statt. Ihr Talent für die Dressur und vor allem fürs Springen hat Holsteiner Pferde weltweit bekannt gemacht. Bei internationalen Wettbewerben belegen sie Spitzenplätze, vielversprechende Fohlen wechseln mitunter für fünfstellige Summen den Besitzer.

Im Kreis Steinburg sind die an ihrem Brandzeichen – ein Schild mit einem stilisierten H und einer Krone – zu erkennenden Holsteiner regelmäßig in Aktion zu beobachten. Neben den vielen kleineren Reitturnieren sind die Breitenburger Reitertage ein besonderer Höhepunkt für Reitsportfreunde. Auf dem Gelände des Breitenburger Schlosses zeigen die Rösser aus den Elbmarschen alle zwei Jahre, dass der Wandel vom Arbeitstier zum Sportler erfolgreich war.

Text: V.V.

verwendete Literatur

Helmut Ahrens, Aus der Blütezeit Neuenbrooks - Pferdezucht und Pferdehandel im 18. und 19. Jahrhundert in Neuenbrook, in: Steinburger Jahrbuch 1976, S. 63-66.

Werner Junge, Holsteiner Pferd, 14.01.2015 (https://geschichte-s-h.de/sh-von-a-bis-z/h/holsteiner-pferd/).

Otto Neumann, Vom Pferdehandel in früheren Zeiten, in: Steinburger Jahrbuch 1979, S. 99-100.

Verband der Züchter des Holsteiner Pferdes e.V., Eine über achthundertjährige Erfolgsgeschichte (URL: https://www.holsteiner-verband.de/de/verband/das-holsteiner-pferd/die-geschichte)