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Nachhaltigkeit im Kreis Steinburg

Nachhaltigkeit ist ein aktuelles Thema. Schüler*innen aus Itzehoe engagieren sich laut Webseite des Kreises Steinburg für „nachhaltigen Konsum“. Das Regionale Bildungszentrum des Kreises hält seine Schüler*innen dazu an, vorausschauend zu denken, weltoffen zu sein und solidarisch zu handeln, um nachhaltige Entwicklung zu garantieren. Im Juli 2017 fand in Itzehoe ein erster „Markt der Nachhaltigkeit“ statt. Der KulturBahnhof Viktoria möchte Steinburg zum „Nachhaltigkeitskreis“ machen.

Nachhaltigkeit ist in aller Munde und droht zum „Gummiwort“ zu werden, das alles und nichts meinen kann. Entscheidende Bedeutung für den gesamtgesellschaftlichen Gebrauch des Begriffs kommt der Entwicklungs- und Umweltpolitik des ausgehenden 20. Jahrhunderts zu. Hatte schon Dennis L. Meadows in seinem mit dem Titel Die Grenzen des Wachstums versehenen Bericht an den Club of Rome von 1972 das Wort sustainable prominent verwendet und hatte der Generaldirektor der Internationalen Naturschutzunion, David Munro, sustainable development als Terminus 1980 in die „World Conservation Strategy“ eingebracht, so verhalf vor allem die unter dem Vorsitz von Gro Harlem Brundtland 1983 eingesetzte „Weltkommission für Umwelt und Entwicklung“, kurz: „Brundtland-Kommission“, dem Leitgedanken des sustainable development zum Durchbruch. Deren Abschlussbericht von 1987 meinte damit eine Entwicklung, innerhalb derer die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedige, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zur eigenen Bedürfnisbefriedigung zu gefährden. Von dort fand der Begriff Eingang in die Agenda 21 der Konferenz der UN über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro und wurde als „nachhaltige Entwicklung“ in die deutsche Umweltpolitik eingeführt. 

Tatsächlich handelt es sich beim deutschen Wort Nachhaltigkeit aber nicht um eine Übersetzung von sustainable development, sondern um einen Fachbegriff der Forstwirtschaft. Erstmals taucht das Wort in der Sylvicultura oeconomica des sächsischen Oberberghauptmanns Hans Carl von Carlowitz 1713 auf.

Gerade im Waldbereich war hierzulande besonders früh Nachhaltigkeit als Praxis nötig, da man Raubbau an der Ressource Holz betrieb. Zum Ende des 16. Jahrhunderts pries Heinrich Rantzau noch Holsteins üppigen Holzbestand und leitete den Namen „Holsten“ in Anlehnung an Adam von Bremen von „die im Holz und zwischen Wäldern Ansässigen“ her. Bereits damals ging der Waldbestand aber merklich zurück, um dann im 18. Jahrhundert auf fünf Prozent der Gesamtfläche des Landes zusammenzuschrumpfen. Nur durch den Schutz des verbliebenen Waldes und Aufforstungen konnte dem Trend gegengesteuert werden. Im März 1846 erschien in den Itzehoer Nachrichten ein Aufruf zur Gründung einer „Landesbaumschule“ in Hanerau. Darin beklagte Wilhelm Mannhardt die Holzarmut im Land und beschrieb die dramatischen Folgen der großflächigen Entwaldung: „Die traurigen Folgen der Verwüstung sind: ein sauer gewordenes Erdreich, eine verminderte Tier- und Pflanzenwelt! […] Durchreisende Ornithologen sprechen ihre Verwunderung aus, über die gegenwärtige Armuth unseres Landes an Vögeln. […] Jeder Reisende weiß es, wie das mittlere Schleswig-Holstein öder und häßlicher ist, als die berüchtigte Lüneburger Heide. […].“ Heute beträgt der Waldanteil immerhin wieder elf Prozent. Schleswig-Holstein ist aber damit immer noch Schlusslicht im deutschlandweiten Vergleich.

Nachhaltigkeit brauchte es aber nicht bloß in der Forstwirtschaft. Menschen mussten schon immer nachhaltig haushalten, wollten sie auf Dauer überleben. Das führte in der Vergangenheit zu ausgeklügelten Recycling-Strategien, indem man Gegenstände, für die man keine Verwendung mehr fand, aus Kosten- und Energiegründen neuen Gebrauchszusammenhängen zuführte. Schloss Friedrichsruh bei Drage als Sitz des Statthalters Friedrich Ernst von Brandenburg-Culmbach zum Beispiel wurde um 1745 teilweise aus Steinen des ehemaligen Tönninger Schlosses errichtet und bereits 1787 wieder abgetragen, wobei das Abbruchmaterial den Bauern der Umgebung für ihre Höfe überlassen wurde. Auch nutzte man die Energielieferanten, die die Natur großzügig bot: Wasser- und Windkraft. Zeugen sind die wenigen noch erhaltenen Windmühlen im Kreis.

Text: O.A.

Umkreis

Verwendete Literatur

Oliver Auge, Auf dem Weg zur Nachhaltigkeit? Ansätze zu Ressourcenschutz und Ressourcenregeneration im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Schleswig-Holstein, in: Wirtschaft und Umwelt vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Auf dem Weg zur Nachhaltigkeit, hg. von Günther Schulz und Reinhold Reith (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte/233), Stuttgart 2015, S. 31-51.

Ders., "Nachhaltigkeit" als historisches Thema - eine Hinführung, in: Jahrbuch für Regionalgeschichte 32 (2014) [erschienen 2015], S. 45-53.