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Erster Weltkrieg

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges traf die deutschen Behörden weitgehend unvorbereitet. Bereits nach wenigen Monaten wurde deutlich, dass sich die deutsche Bevölkerung auf Versorgungsengpässe würde einstellen müssen. Neben dem Kriegseinsatz vieler Bauern und Landarbeiter, dem Fortbleiben von Erntehelfern und der alliierten Seeblockade schlug vor allem der Wegfall von Nahrungsexporteuren wie Rumänien zu Buche, die sich auf die Seite der Kriegsgegner geschlagen hatten. Bis 1916 sank die Menge der zur Verfügung stehenden Nahrungsmittel im Deutschen Reich um fast die Hälfte. Da es zuvor versäumt worden war, eine zentrale Verteilung von Lebensmitteln aufzubauen, musste diese zumeist in Eigenregie auf kommunaler Ebene organisiert werden. In Glückstadt etwa fand im Februar 1915 eine Informationsveranstaltung unter dem Motto „Lebensmittelverwertung und Hausfrauenpflichten während des Krieges“ im Saal des Lokals „Franscher Garten“ statt. Die dort gemachten Vorschläge, den Einbruch der Getreideproduktion durch Verzicht auf Kuchen, Bier und Branntwein sowie die Ausfälle bei der Viehproduktion durch private Jagd auf Hasen und Wildvögel zu kompensieren, geben einen Eindruck von den oft naiven Vorstellungen, wie die sich abzeichnende Hungerkrise zu bewältigen sei.
Die agrarische Prägung des Kreises Steinburg hatte die schlimmsten Auswüchse einige Zeit kompensieren können. Doch die größeren Orte waren auch hier von Mangelwirtschaft und den drastisch steigenden Lebensmittelpreisen der Schwarzmärkte betroffen.
Im Januar 1917 kam es daher auch in Steinburg zu ersten Demonstrationen, die rasch eskalierten. In Glückstadt, Itzehoe und Lägerdorf wurden Bäckereien und Geschäfte geplündert, auffallend oft waren Frauen beteiligt . Die Staatsmacht stand dem Treiben oft hilflos gegenüber, zumal sich auch Angehörige der Garnison des Lockstedter Lagers an solchen Plünderungen beteiligten.
Das Vertrauen in die Obrigkeit schwand erheblich, auch weil die zunehmende Zentralisierung der Kriegswirtschaft die immer dramatischeren Versorgungsprobleme nicht in den Griff bekam. Als Anfang November 1918 der Kieler Matrosenaufstand ausbrach, ergriff er rasch das ganze Land und entwickelte sich in wenigen Tagen zur reichsweiten Novemberrevolution. Die allgemeine Unzufriedenheit wirkte dabei wie ein Brandbeschleuniger und wie überall, wo Kieler Matrosen auftauchten, wurden auch im Kreis Steinburg rasch rote Fahnen gehisst, Soldaten- und Arbeiterräte gegründet. Schon am 6. November schlossen sich die Soldaten im Lockstedter Lager dem Aufstand an. Und auch in Itzehoe brach der hastig organisierte Widerstand gegen die Revolution rasch zusammen: Einige Dutzend Matrosen waren mit dem Zug aus Wilster einfach in den ungesicherten Bahnhof eingefahren und hatten die örtliche Kaserne eingenommen. Bereits am 7. November war fast der gesamte Kreis Steinburg unter der Kontrolle der Aufständischen. Am 9. November 1918 musste Kaiser Wilhelm II. abdanken und Deutschland wurde zur Republik.

Text:K.K.

Umkreis

Verwendete Literatur

Freche, Julian: Der Kreis Steinburg, in: 150 Jahre Kreise in Schleswig-Holstein, hrsg. von Oliver Auge, Kiel 2017, S. 344-362.
Möller, Reimer: Eine Küstenregion im politisch-sozialen Umbruch (1860 - 1933). Die Folgen der Industrialisierung im Landkreis Steinburg (Elbe), Hamburg 2007.
Rackwitz, Martin: Kriegszeiten in Kiel. Alltag und Politik an der Heimatfront 1914/18, Kiel 2013.