Johann Hinrich Fehrs
Als siebtes von zwölf Kindern wurde Johann Hinrich Fehrs am 10.04 1838 in Mühlenbarbek als Sohn eines Kätners geboren. Zunächst ging er nur auf die Winterschule, im Sommer musste er in der Landwirtschaft helfen. Nach dem Besuch der Volljahrsschule in Lohbarbek wurde er Lehrergehilfe, besuchte dann die Präparandenanstalt in Altona, danach das Lehrerseminar in Borby und kam später an eine private Mädchenschule mit Pensionat nach Itzehoe. Er übernahm die Schulleitung von seiner späteren Frau Maria Amalia Requate. Mit ihr zusammen betrieb er die Schule bis zu ihrem Tod 1899. 1903 übernahm die Stadt Itzehoe die Schule, die als Mädchengymnasium unter dem Namen Auguste-Viktoria-Schule, später als allgemeines Gymnasium bis heute besteht. Am 17.08.1916 starb er im Hause Klosterhof Nr. 5 in Itzehoe.
56 Jahre lang lebte und arbeitete er in Itzehoe, engagierte sich im gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt. Diese verlieh ihm dafür auch die Ehrenbürgerschaft.
Johann Hinrich Fehrs zählt nach Klaus Groth und Fritz Reuter zu den Begründern der neuniederdeutschen Literatur des 19. Jahrhunderts. Sein Werk spielt bis heute eine herausragende Rolle in der Literatur in niederdeutscher Sprache. Versuchte er es zunächst mit dem Schreiben hochdeutscher Texte, so besann er sich bald auf seine niederdeutsche Muttersprache. Er gilt als der Novellenschreiber unter den Dichtern, Beispiele dafür sind „Lütj Hinnerk“ und „Ehler Schoof“, beide von herausragender literarischer Qualität. Aber auch wunderbare niederdeutsche Lyrik stammt aus seiner Feder. Bekannt ist sein Hauptwerk, der Dorfroman „Maren“, in dem er seinem Heimatort ein Denkmal setzt.
Im Oktober 1916 gründete man in Itzehoe die Fehrs-Gilde, die sich bis heute für sein Werk und für die Förderung der niederdeutschen Sprache einsetzt.
Text: M.E.
Hörtext über Johann Hinrich Fehrs
- Transkript
Bereits 2016 jährte sich der Tod Johann Hinrich Fehrs zum 100. Mal. Bis heute erinnern in Itzehoe unter anderem die „Fehrsstraße“, die „Fehrs-Schule“ sowie der Gedenkstein im Stadtpark an den niederdeutschen Erzähler und Lyriker. Dieser verbrachte den Großteil seines Lebens in der Stadt an der Stör.
Auf jener Insel, die vom grauen Arm
Des trägen Flusses knapp umspannt wird, baute
Der deutsche Kaiserheld, der große Karl,
Die trotz'ge Burg und zwang die wilden Sachsen,
Die kühn sich bäumten wie des Meeres Wogen.
Heut ist sie hin, und Häuserzeilen ragen,
Wo einst der tapfern Franken Hütten standen.
Mit dem Gedicht „Itzehoe“ setzte Fehrs seiner Wahlheimat ein Wahrzeichen in hochdeutscher Sprache. Doch dies war eher ungewöhnlich. Denn seine Muttersprache war vielmehr das Plattdeutsche. Hochdeutsch hatte der junge Fehrs, wie viele aus seiner Generation, erst auf der Schule gelernt. So veröffentlichte er 1876 -mittlerweile als Lehrer tätig - seine erste plattdeutsche Novelle, 'Lüttj Hinnerk', die sogleich ein Erfolg wurde. Sie erzählt von dem körperlich behinderten Bauernsohn Hinnerk, der an dem Bemühen zugrunde geht, Ansehen erlangen zu wollen.
He weer man en lütten Stackel, de arm Jung, un seh
mit veerteihn Johr ut as anner Lüüd Kinner mit acht, dorbi en oolt Gesicht mit
hellgriese Farv un fiene Folen. All de Lüüd seen: dat weer en olen goden Jung -
ja, mit den woor he sach kloor, aver Gretjn? He weer wedder op de ole Stell,
wo he ni wiederkunn.
Weitere 20 Jahre dauerte die Arbeit an Fehrs großem Roman „Maren“, der schließlich 1907 erschien.
De Ogen so groot un blau un fraam, de Haar in twe dicke blanke Flechten as en Kranz üm den
Kopp leggt, Steern un Hals fien un witt, de Backen as Samt so week mit twe lütte Kulen,
wenn se lach; darbi smeetsch un slank mit lütte Hannen un Fööt – nee, garnich as de annern
Buurdeerns, keen Buurroos mit bläusterige Backen, – en Lillje weer se, bleek un fien un fee.
Der Roman gilt nicht nur als das bedeutendste Werk des Dichters, sondern gleichfalls als eine der größten Leistungen der neuniederdeutschen Dichtung überhaupt.
As de Heuaarn keem, grepen de
Soldaten düchtig mit an, un op 't Feldmark von Ilenbeck weer siendaag ni so'n lustig Volk mit
Fork un Hark togang west; dat weer keen Arbeiden, dat weer en half Kinnerspill, aver dat Heu
keem darbi schöön ünner Dack.
Mit dem Roman huldigte Fehrs auch seinem Heimatdorf: der kleinen Gemeinde Mühlenbarbek, unweit von Kellinghusen. Verfremdet als „Ilenbek“ bildet sie den Schauplatz der Geschichte um die Titelheldin Maren Boysen sowie vieler weiterer Erzählungen von Fehrs. Mit dem fiktiven Ilenbek lieferte Fehrs ein Spiegelbild der dörflichen Welt im 19. Jahrhundert.
Johann Hinrich Fehrs Name wird in einem Atemzug mit den großen niederdeutschen Klassikern Klaus Groth, Fritz Reuter und John Brinkmann genannt. Kurz nach seinem Tode wurde die Fehrs-Gilde gegründet. Sie bemüht sich heute darum, das Andenken an den Erzähler aufrecht zu erhalten und die niederdeutsche Sprache generell zu fördern. Auch das Kreismuseum Prinzeßhof, das Fehrs Nachlass beherbergt, erinnert an den niederdeutschen Dichter gedacht.
Verwendete Literatur
Fehrs, Johann Hinrich: Werke in 6 Bänden.
Neumünster: Wachholtz 1986–1993.
„Johann Hinrich Fehrs – ein Erzähler der Provinz. Studien zu Leben, Werk und Wirkung.“ Hrsg. v. Kay Dohnke u. Alexander Ritter; Heide: Boyens 1987.