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Die letzte Hinrichtung in Itzehoe

Der Fall des Raubmörders Johann Lau

Am 18. Dezember 1856 fand in Itzehoe die letzte Hinrichtung auf dem Galgenberg in der Struvestraße (Wellenkamp) statt. Der aus Brokdorf stammende Johann Lau wurde wegen eines Mordes verurteilt und öffentlich enthauptet. Dieses Ereignis fand Widerklang in Publikationen, Flugblättern und Liedern.
Im Kreismuseum Prinzeßhof befinden sich zwei Richtschwerter, die einen Eindruck davon vermitteln, wie das Recht bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts vollstreckt wurde.

Hören Sie sich die spannende Geschichte der letzten Hinrichtung in Itzehoe an!

 

Das Lied von dem Raubmörder Lau

Welch ein Drängen, welch ein Wogen
Zeigt sich fern bei Itzehoe?
Langsam kommt herangezogen
Dort ein Wagen; Schmerz und Weh
Zeigt sich auf zwei bleichen Wangen,
Und den tief gesenkten Blick
Scheinet Reue zu empfangen,
Ob dem strafenden Geschick.
 

Seufzend ist‘s ein armer Sünder,
Der nie Gottes Weg betrat,
Und als frecher Wandels Künder,
Übte eine Schauderthat.
Wehe! daß am ersten Morden,
Welches Kain einst verübt,
Nicht der Welt genug geworden,
Daß noch Blut die Erde trübt.
 

Die ihr um’s Schaffot gestanden,
D’rauf den Mörder man geführt,
Den Nachrichter fest umbanden,
Der Euch schauerlich gerührt:
Nehmt an Lau ab das Exempel,
Wenn die Schul‘ nicht Knabenlust,
Wenn statt hin zu Gottes Tempel,
Hin zum Wirtshaus stürmt die Brust!
 

Tugendbilder, fromme Lehren
Sind des Menschen Schirm und Schild,
Ab selbst Tod und Teufel wehren,
Uns durch’s Leben führen mild.
Nimmer hätte solch ein Ende
Den Raubmörder Lau ereilt,
Wenn als Knab die frommen Wände
Er mit And’ren still getheilt.
 

Aber roh blieb sein Gemüthe,
Wild der zügellose Sinn,
Nie labt ihn der Unschuld Blüthe,
Und der Böse zog ihn hin.
Hin nach Geld ging sein Verlangen,
Um zu fröhnen schlechter Luft;
Als den Diebstahl er begangen,
Bebt vor’m Mord nicht seine Brust.
 

So erzeugt ein Verbrechen
Bald das and’re,d och ohn Rast,
Jede Unthat auch zu rächen,
Folgt die Straf zur Sühne nach:
Wolltest Du d’rum Blut vergießen,
In der zügellosen Gier,
Mußt‘ auch dein Blut wieder fließen,
Frecher, wilder Mörder hier!
 

Menschen, die ihr es gesehen,
wie sein Haupt vom Rumpfe fiel,
Wollet tiefer in Euch gehen,
Was des Lebens höchstes Ziel.
Bildung heißt die zarte Blume,
Die in Euch die Gottheit preist,
Und zu aller Menschheit Ruhme
Euch den Pfad der Tugend weißt!

Hörtext über den Fall des Raubmörders Johann Lau

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    Der Scharfrichter nähert sich dem Schafott, ein Schwert wird geschwungen und mit nur einem Hieb wird der Kopf eines Verbrechers von dessen Körper getrennt.

    Diese oder ähnliche Bilder kommen einem in den Sinn, wenn man die beiden über einen Meter langen Richtschwerter im Museum Prinzeßhof sieht. Beide Stücke werfen uns in eine Zeit zurück, in der Folter Teil einer gängigen Rechtspraxis war. Eine Zeit, in der Menschen zu Hunderten zu Hinrichtungen strömten, um diesen öffentlichen Spektakeln beizuwohnen. Doch zu vermuten, dass uns diese Szenarien direkt ins Mittelalter führen, wäre falsch: Noch bis zur Mitte des 19.

    Jahrhunderts wurden öffentliche Hinrichtungen auf deutschem Gebiet durchgeführt.

    So auch in Itzehoe, wo seit dem Mittelalter auf dem sogenannten Galgenberg - einem bronzezeitlichen Grabhügel - öffentliche Hinrichtungen von Verurteilten stattfanden.

    Am besten überliefert ist der Fall des Johann Lau, der eben dort im Jahre 1856 wegen Raubmords öffentlich hingerichtet wurde.

    Wir erfahren aus zeitgenössischen Aufzeichnungen, dass Lau aus Brokdorf stammte und sich auf der Stör als Schifferknecht verdingte. Mutmaßlich soll ihm dieser Verdienst aber nicht ausgereicht haben: 1854 stahl er seinem Arbeitgeber 12 Thaler und eine silberne Uhr. Aus Angst vor der Entdeckung seiner Tat misshandelte er danach die Frau seines Arbeitsgebers und brachte sie mit mehreren Messerstichen um.

    Die Brutalität der Tat soll die gesamte Provinz empört haben. Lau wurde schnell von den Behörden gestellt. Nach zwei Jahren in Haft wurde schließlich das Todesurteil über ihn verhängt. Der Tag seiner Hinrichtung wird im Gedicht „Das Lied von dem Raubmörder Lau“ wie folgt beschrieben:

    „Welch ein Drängen, welch ein Wogen, Zeigt sich bei Itzehoe?
    Langsam kommt herangezogen Dort ein Wagen; Schmerz und Weh
    Zeigt sich auf zwei bleichen Wangen,
    Und den tief gesenkten Blick
    Scheinet Reue zu empfangen,
    ob dem strafenden Geschick.“

    Johann Lau wird am 16. Dezember 1856 auf dem Galgenberg in Itzehoe enthauptet; der blutige Kopf des Verurteilten – nach üblicher Weise - der schaulustigen Menge präsentiert. Laus Exekution stellte die letzte öffentliche Hinrichtung im Kreis Steinburg dar und die Schwerter im Kreismuseum sind stumme Zeugen dieser Vergangenheit.

Quellenangabe für Liedtext und Flugblatt

Aus: Petzoldt, Leander: Grause Thaten sind geschehen. 31 Moritaten aus dem verflossenen Jahrhundert, München 1968, Nr. 18.

Das Schwert des Scharfrichters von 1683

Mit dem eisernen Richtschwert (Inv.-Nr. 1997-337) enthauptete einst der „Nachrichter“ – besser bekannt als Scharfrichter – die zum Tode Verurteilten. Eine solche Enthauptung wird auch auf der 81 cm langen Klinge dargestellt. Geschmiedet wurde das Richtschwert im 17. Jahrhundert wahrscheinlich für den Itzehoer Scharfrichter Hans Heinrich Meyer, dessen Initialen H.H.M. mit der Jahreszahl 1683 in die Klinge graviert sind. Von ihm übernahm sein Schwiegersohn Amt und Schwert, das er um die Inschrift ergänzte: „Wann ich das Schwerdt thu aufheben So wünsche ich dem armen sünder das ewige leben. Gott stercke mich in dieser stunde. Hans Bendix Helmschläger Nachrichter 1690.“

Dass das Amt in der Familie blieb, war in der Frühen Neuzeit nichts Ungewöhnliches. Die Scharfrichter der Städte an der Niederelbe verheirateten traditionell ihre Kinder miteinander und schufen damit quasi eine Berufsdynastie. Anders als in anderen Regionen, wo die Henker als „unehrliche Leute“ galten, war das Amt hier mit Ansehen verbunden, die Scharfrichter waren den anderen Bürgern gleichgestellt. Für ihre Aufgabe erhielten sie von der Stadt Itzehoe vierteljährlich 40 Lübische Mark sowie ein Wohnhaus mit Garten in der Schmiedestraße, also innerhalb der Stadtmauern. Laut der schleswig-holsteinischen Taxordnung – quasi einer Gebührenordnung – für Scharfrichter von 1698 gab es für eine Enthauptung 10 Reichstaler Entlohnung.

Allerdings kam es sehr selten vor, dass Todesurteile vollstreckt werden mussten. Ihren eigentlichen Lebensunterhalt verdienten die Scharfrichter als Abdecker. Hans Bendix Helmschläger zahlte für die Abdecker-Konzession jährlich rund 875 lübsche Mark an Stadt, Kloster und Güter, wofür ihm alles krepierte Vieh zustand. Gewinn machte er durch den Verkauf der Häute an Gerbereien.

Das Richtschwert wurde ursprünglich im Itzehoer Rathaus aufbewahrt. Um 1885 ausgeliehen ans Altonaer Museum, befindet es sich seit 1990 im Kreismuseum Prinzeßhof.

Text: E.-M. K.

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