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Flüchtlinge im Kreis Steinburg

Bereits seit 1944 war Schleswig-Holstein Hauptanlaufgebiet von Flüchtlingen und Vertriebenen aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches gewesen. Bis 1948 waren zudem rund 1,2 Millionen „Displaced Persons“Personen, die sich kriegsbedingt außerhalb ihres Heimatstaates aufhielten – in das nördlichste Bundesland gelangt. Diese Gruppe setzte sich größtenteils aus Zwangsarbeiter*innen und Zwangsverschleppten des NS-Regimes zusammen. Sie stammten vornehmlich aus den osteuropäischen Staaten.

Der immense Flüchtlingsstrom konnte zu Beginn kaum gelenkt werden. So stiegen die Einwohnerzahlen in den Städten im Kreisgebiet rapide an: Kellinghusen verzeichnete zwischenzeitlich einen Zugewinn von 4.702 Einwohner*innen (1939: 4.747 Einwohner*innen/1946: 9.449 Einwohner*innen), was einem Wachstum von 100 Prozent entsprach. Keine andere Stadt in Steinburg nahm im Vergleich zur eigenen Einwohnerzahl so viele Menschen auf. Die Stadt Krempe nahm bis 1946 1.540 geflüchtete Personen auf und beherbergte damit 95 Prozent mehr Einwohner*innen als noch vor Kriegsende. Doch nicht nur die Städte hatten sich dem unglaublichen Andrang an Flüchtlingen zu stellen. Auch in den Landgemeinden war eine 100-prozentige Überbelegung nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Aufgrund des herrschenden Wohnraummangels mussten die geflüchteten Menschen größtenteils in Privatwohnungen untergebracht werden. Da zahlreiche Häuser im Kreisgebiet zerstört oder beschädigt waren, wurde die Unterbringungssituation der Flüchtlinge zusätzlich verschärft. Es kam zu Zwangswohngemeinschaften mit Einheimischen, was sich nicht immer konfliktfrei abspielte.

Die Flüchtlinge kamen im Kreis Steinburg unterversorgt und heimatlos an. Die Versorgung mit Lebensmitteln im überbevölkerten Kreisgebiet hatte Vorrang vor der Integration der geflüchteten Menschen. Dieser Aufgabe nahm man sich erst in den 1950er Jahren an. Eindrucksvolles Beispiel für die Bemühungen auf diesem Gebiet ist der Itzehoer Stadtteil Tegelhörn. Hier ließen sich nach 1945 zahlreiche Flüchtlinge aus den Ostgebieten nieder, sodass man in den 1950er Jahren beschloss, alle Straßen im Westteil des Gebiets nach ostdeutschen Städten zu benennen. So entstanden bspw. die Königsberger Allee (in Erinnerung an die Region Ostpreußen), die Danziger Straße (in Erinnerung an die Region Westpreußen),  die Stettiner- (in Erinnerung an die Region Pommern) sowie die Breslauer Straße (in Erinnerung an die Region Schlesien) oder der Gablonzer Weg (in Erinnerung an die Region Sudetenland).   

Text: K.B. 

Umkreis

Verwendete Literatur:

Steinburger Jahrbuch 56 (2012).

Itzehoer Straßennamen, http://www.cadif.de/de_sh_steinburg/de_sh_steinburg_itzehoe_strassennamen.shtml.