Zum Hauptinhalt springen

Hünengräber

Mit dem umgangssprachlichen Begriff Hünengrab werden sogenannte Megalith- oder auch Großsteingräber bezeichnet, die in der Jungsteinzeit in weiten Teilen Südskandinaviens und Norddeutschlands errichtet wurden. Die Jungsteinzeit, die in Norddeutschland etwa um 4100 vor Christus begann, ist gekennzeichnet durch den Beginn der agrarischen Produktion, also dem Anbau von Getreide und anderen Nutzpflanzen und der Züchtung von Nutztieren. Die meisten der Megalithgräber wurden ab der Mitte des vierten vorchristlichen Jahrtausends errichtet. Sie bestanden aus mehreren Tragsteinen, die recht- oder mehreckig angeordnet und durch Decksteine nach oben abgeschlossen wurden. In ihrer ursprünglichen Form waren sie meist von einem aufgeschütteten Erdhügel umgeben, sodass die Steine eine Grabkammer bildeten. Die Gräber dienten einerseits der Bestattung der Verstorbenen, die in der Regel zusammen mit Grabbeigaben wie Keramik oder Feuersteingeräten dort niedergelegt wurden; gleichzeitig werden sie heute als frühe Monumentalbauten und Ausdruck einer kollektiven Weltanschauung innerhalb des Verbreitungsgebietes betrachtet. 

Von ehemals mehreren zehntausend Megalithgräbern in diesem Gebiet haben sich nur einige tausend bis in die heutige Zeit erhalten. Aus dem Kreis Steinburg sind nur wenige solcher Gräber bekannt. In Warringholz konnte im Jahr 1938 ein Megalithgrab archäologisch untersucht werden. Es war von einem Rundhügel umgeben, jedoch durch vorherige Ausgrabungen bereits stark gestört worden, sodass zahlreiche Steine fehlten. Die archäologischen Funde, darunter Feuersteinbeile und Keramikfragmente, zeigten, dass Grabkammer und -hügel über viele Jahrhunderte als Bestattungsort verwendet und dabei immer wieder umgeformt worden waren. Nach der Untersuchung wurde das Grab abgetragen und am Galgenberg in Itzehoe originalgetreu wieder aufgebaut. Auch aus anderen Orten im Kreis, etwa Puls, Rosdorf, Oldendorf, Drage oder Lockstedt, ist bekannt, dass dort Megalithgräber standen. Diese wurden jedoch zu großen Teilen zerstört und kaum untersucht.

Text: H.A.

Hörtext über Grosssteingräber im Kreis Steinburg

  • 0:00
    0:00
    Man findet sie in ganz Norddeutschland: Riesige Findlinge, eigenwillig angeordnet. Mal sind sie von einem Erdwall umgeben - mal unter Sand, Moos und Blättern halb verschüttet. Im Volksmund sind sie als Hünengräber bekannt. Dies begründet sich aus der veralteten Vorstellung, dass solch gewaltige Anlagen mit tonnenschweren Findlingen eben nur von Hünen, also Riesen, errichtet werden konnten.

    Heute wissen wir allerdings, dass solche Großsteingräber von den Menschen der Jungsteinzeit errichtet wurden. Diese lebten ab ca. 4.100 v. Chr. In Norddeutschland.

    Aus der Zeit zwischen 3.600 und 3.200 v. Chr. stammt die sogenannte Kammer von Warringholz: Ein Großsteingrab mitten im Kreis Steinburg. Die rechteckige Steinkammer verfügte ursprünglich über vier winkelig angeordnete Steinblöcke, auf denen vier gewaltige Decksteine saßen. Neben ihrer Funktion als Bestattungsorte konnten die Großsteingräber auch als Kultanlagen und Kennzeichnung eines Siedlungsgebiets dienen.

    Diese Anlagen geben uns einen Einblick in das Leben ihrer Erbauer im steinzeitlichen Steinburg. Grabbeigaben vermitteln uns beispielsweise den Eindruck einer sesshaft gewordenen Kultur. Die Menschen hatten just begonnen, Getreide und andere Pflanzen anzubauen und Nutztiere zu züchten. Häufig wurden Gräber mit Tongefäßen und Schmuck ausgestattet. So wurden in Warringholz bspw. Scherben eines Bechers gefunden. Auch Steinbeile wurden den Toten mit ins Jenseits gegeben. Diese dienten als Waffen und als Werkzeuge. In Warringholz entdeckte man gleich mehrere Feuersteinbeile.

    Die Großsteingräber werden auch Megalithgräber genannt – vom Griechischen megas für groß und lithos für Stein –. Sie zeugen in beeindruckender Weise von den Fähigkeiten, über die die Menschen damals schon verfügten. Denn der Transport und das Aufstellen tonnenschwerer Findlinge stellte einen aufwendigen Kraftakt dar. Nur mit vereinter Muskelkraft und unter Ausnutzung der einfachsten physikalischen Gesetze, wie der Hebelwirkung, konnten die Steine bewegt und aufgerichtet werden: eine gigantische Leistung für die damalige Zeit.

    Von ehemals mehreren zehntausend Megalithgräbern sind in Deutschland nur knapp 900 Anlagen bis heute erhalten. Ihre Steine wurden häufig für Kirchenmauern oder im Hafen- und Straßenbau wiederverwendet. Viele dieser Monumentalbauten mussten der Landwirtschaft weichen. So auch die Anlage von Warringholz. Sie wurde in den 1930er Jahren umgesetzt und zur Anschauung am Galgenberg in Itzehoe originalgetreu wiedererrichtet.

    Früher bot die Kammer von Warringholz den Siedlern und auch Fremden einen imposanten, monumentalen Anblick. Die Rekonstruktion in Itzehoe bewahrt die Anlage davor, in Vergessenheit zu geraten. Darum bemüht sich auch das Kreismuseum Prinzeßhof. Es verfügt über zahlreiche archäologische Funde und Überreste aus der Jungsteinzeit und späteren Epochen, die aus dem gesamten Kreisgebiet stammen. Im Museum werden diese verwahrt und allen Besucherinnen und Besuchern zugänglich gemacht.
Umkreis

Verwendete Literatur

Hauke Dibbern, Das trichterbecherzeitliche Westholstein. Eine Studie zur neolithischen Entwicklung von Landschaft und Gesellschaft, (Frühe Monumentalität und Soziale Differenzierung/8), Bonn 2016.

Günther Haseloff, Ein Grabhügel in Warringholz, in: Urgeschichtsstudien beiderseits der Niederelbe, hg. von Gustav Schwantes, (Darstellungen aus Niedersachsens Urgeschichte/4), Hildesheim 1939, S. 100–124.

Johannes Müller, Großsteingräber, Grabenwerke, Langhügel. Frühe Monumentalbauten Mitteleuropas, (Archäologie in Deutschland, Sonderheft 11/2017), Darmstadt 2017.